Samstag, 23. September 2023

 Blogabschluss und Fazit zur EM 2023

Die EM ist nun schon ne Woche vorbei und der Alltag hat uns wieder. Hier wie versprochen noch ein paar Worte bzgl.: Was bleibt rückblickend auf die EM, was war gut, was weniger, was nimmt man mit, usw...

Fangen wir an mit "bin ich zufrieden"? NEIN, nicht mit dem Gesamtergebnis! Als Ziel setz ich mir immer "besser sein als beim letzten Mal" und das hab ich mit 65,3% ganz klar nicht erreicht, aber...

- wenn ich den Aussetzer in der 2. Unbekannten rausrechne, der mich irgendwas um die 1000 Punkte gekostet hat, dann hätte ich mein selbstgestecktes Ziel erreicht und wäre auch wirklich zufrieden mit meiner Fliegerei, insofern relativiert sich das "nein" schon ein wenig.

- die drei HZ sind einzig durch ne massive Störung zwischen den Ohren entstanden und nicht durch "fliegerisches Unvermögen". Ich kann mich in den >20 Jahren Wettbewerbsfliegerei nicht errinern schonmal so nen Vogel gehabt zu haben und ich glaube fest daran dass es jedem mal passiert, wenn man´s nur lang genug macht, und jetzt war ich halt einfach dran. 

Insofern  ist es ok wie es ist, der Rest  und insbesondere die 3. Unbekannte liefen für meine Verhältnisse gar nicht mal so schlecht. Deswegen vin ich mit meinem Abschneiden auch nicht ganz unzufrieden, weiss wo ich stehe und woran ich weiter arbeiten muss.

"Hat sich die Teilnahme gelohnt?" Wirklich lohnen tut es sich für einige wohl erst, wenn man mit Lametta und Titeln heimkommt, das ist aber International nur wenigen vergönnt. Für mich "lohnt" es sich aber dennoch (sonst würde ich´s auch nicht mehr machen). Man trifft jede Menge nette Leute und Gleichgesinnte, lernt neue Leute kennen, kann sich "objektiv" (dazu später noch ein Kommentar) in Wettbewerbsatmosphäre messen und vergleichen, fliegt an Orten wo man sonst nicht hinkommt und (daran muss ich selbst nach >20 Jahren Wettbewerbsfliegerei immer noch regelmässig denken) ich hab das Privileg mit den besten Kunstfliegern der Welt im selben Wettbewerb zu fliegen. Schon damals, vor ca. 36 Jahren als ich als Flugstift in "meiner" Ka6 Platzruden schrubbte, hat mich Kunstflug interessiert und fasziniert und Leute wie Coco Bessier, Patrick Paris, Victor Chmal, usw usw. waren Helden und vollkommen unerreichbar. Heute, durfte ich ganz viele ganz grosse Namen schon kennenlernen oder bin sogar im Wettbewerb gegen sie geflogen und deswegen lohnt sich für mich eine EM oder WM IMMER!

"Lohnen" hat aber auch was mit Geld zu tun und deswegen eine kurze Auflistung, was mich die EM 2023 gekostet hat. Und damit sind rein die 14 Tage Pavullo gemeint, keine Vorbereitung davor oder andere Kosten:

Meldegebühr:  3040,- EUR (davon hab ich ca. 570 EUR wieder zurückbekommen, weil ich nicht in der Anstalt wohnen wollte

Hotel: ca. 1250,- EUR (für 2 Wochen im EZ in dem Hotel was Doris glücklicherweise gefunden hatte)

Sprit: ca. 700 EUR (für An- und Abreise und das Training vor Ort)

Verpflegung: ca. 500,- EUR (während des Trainings und für Dinge die nicht Inklusive waren)

Trainer: 300,- EUR (Pierre während der Trainigswoche)

Kosten Flugzeug: 660 EUR (gesamte Flugzeit für die EM)

D.h., unterm Strich haben mich die zwei Wochen EM rund 6000 EUR gekostet oder 1.100 EUR pro Flugstunde, oder 1.500,- EUR für jeden der 4 Wettbewerbsstarts, oder oder oder 😉 man kann sich das jetzt beliebig schönrechnen. Für mich war es das dennoch Wert! Es sagte mal jemand "Geld ist nur buntes Papier" oder "das letzte Hemd hat keine Taschen" andere unterschreiben ihre social media posts mit YOLO (you only live once), und deswegen tut mir das Geld auch nicht Leid, ganz im Gegenteil, ich freu mich dass ich die Möglichkeit habe, es auf diese Art ausgeben zu dürfen!

"Was war schön auf der EM oder was lief gut?" Schön war definitiv die Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort! Ich errinere mich an ganz viele lächelnde und gut gelaunte Gesichter, die stets bemüht waren ihr Bestes zu geben. Klar sind Italiener vielleicht nicht gerade dafür bekannt, dass sie Weltmeister im organisieren sind, aber am Ende des Tages hat´s dann doch immer irgendwie funktioniert und das ganz mit viel Charme und in Summe sicher keinesfalls schlechter als auf vielen anderen, hochkarätigen Wettbewerben. Am Platz war mit dem Restaurant, dem "Kiosk" und für den ganz schmalen Geldbeutel noch der Selbstbedienungsteil neben dem Kiosk alles da, was der gemeine Kunstflieger braucht und das durchgehend von 7:30 Uhr morgens, bis 21 Uhr Abends. Die 4 oder 5 Jungs vom Flugplatz (die Festangestellten, die vermutlich sonst den gesamten Platz am Laufen halten) waren echt Klasse und ganz ganz liebe Jungs! Während des Wettbewerbs haben sie hauptsächlich die Tankstelle gewuppt. Nach zwei Tagen kannten sie unsere Namen, nach drei war ich "Maxu" und als ich sie Abends mal auf ein Bier einladen wollte haben sie abgelehnt, weil sie bis Sunset noch im Dienst sind, aber ein Espresso oder ein Gelato geht immer. Dafür musste ich dann während einer der Regenpause unebdingt auch einen Espresso mit ihnen trinken und alle 4 haben mir freudestrahlend ihre Bilder aufm Handy gezeigt oder mit Händen und Füssen erklärt, was für Teufelskerle (und -mädchen) oder wie bescheuert, wir sind, was es genau war bleibt wohl ihr Geheimnis, aber wir hatten unseren Spass und haben uns umarmt. Definitiv schön war auch das Ambiente am Abend. Einen Flugplatz direkt am Ortsrand, ein Hotel in Laufweite, mehrere Restaurants wenige Gehminuten vom Hotel, laue Temperaturen (auch Mitte September auf knapp 700m Meereshöhe) und ne Gelateria mit leckerem Eis haben schon was... genau so habe ich mir das im Vorfeld vorgestellt (bzw. gewünscht). Sehr gut fand ich auch unsere Unterkunft, nur 20 Gehminuten vom Flugplatz entfernt, mit Blick in die Box vom Balkon aus. Auch wenn ich es immer schön finde, im gleichen Hotel wie "die anderen alle" untergebracht zu sein, in unserem Hotel waren auch die beiden Polen und der Italiener und mit Dennis und mir damit immerhin schon 20% der Teilnehmer. Perfekt waren auch die individuellen Hangarzelte, für jeden Flieger eines. Kein rumräumen, kein schachteln. Jeder konnte rein und raus wann er wollte, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen, man konnte sein Gedöns neben dem Flieger lagern, sich zurückziehn, warten oder oder oder.... 

Wo war noch "Luft nach oben"? Die Unterbringung in "der Anstalt" war vom Veranstalter sicher gut gemeint und ganz im Sinne von "jeder ist gleichwertig untergebracht". Für mich war das aber nicht "den Preis wert", vor allem nicht, weil mich ja Doris besuchen kam und während ihres Aufenthaltes auch halbtags gearbeitet hat. Die "Anstalt" lag auch relativ abgelegen und zum essen hat man immer ein Auto gebraucht. Insofern war ich froh drum dass wir nach ein paar klaren Worten beim ersten Briefing umziehn konnten und auch einen relativ angemessenen Teil der Kosten rückerstattet bekommen haben. Maurizio ist ein ausgesprochen netter und angenehmer Mensch, aber als Contest Director hat ihm manchmal ein wenig die Authorität oder Souveränität gefehlt. Gerade wenn es (wettertechnisch, oder wegen delikater Rückfragen) etwas anspruchsvoller wurde, war er nicht immer Herr der Lage. So wurde er nicht selten von Pierre (Int Jury Präsident) in der Meinungsfindung unterstützt, bzw. Pierre hat gleich das Wort übernommen. Ohnehin muss man die Leistung von Pierre ganz gross in den Vordergrund stellen. Ohne sein Engagement wäre vieles sehr viel schlechter gelaufen (oder gar nicht) und selbst mit ihm, ging einiges insbesondere beim Freestyle in die Hose. Luft nach oben ist, wie auf jedem Wettbewerb, auch bei der Leistung der Punktrichter. Das klingt jetzt sicher sehr hart und ich will hier auch ganz sicher niemanden persönlich angreifen oder die ganze Gilde in ein schlechtes Licht rücken! Ich kenne die meisten davon seit langer Zeit recht gut und rechne es ihnen sehr hoch an, wenn sie oft in sengender Hitze irgendwo in einem staubigen Feld sitzen und sich von Moskitos auffressen lassen (oder bei eisigen Temeraturen fast erfrieren). Wir haben dabei vielleicht nicht ganz zu unrecht den Anspruch auf eine möglichst regelkonforme und objektive Bewertung. Und genau da setzt nun mein "Luft nach oben" an... Bei meinen drei HZ war jeweils glasklar dass da was nicht passt, wie man da Noten zwischen 6.0 und 7,5 aufschreiben kann, bleibt wohl das Geheimnis des Verfassers. Ebenso ist es natürlich so dass auch einem Flo Oddon mal ein kleiner Wackler unterläuft, der sich dann aber natürlich nicht in den Punkten wieder findet. Oder, ein stinknormaler Turn als Verbindungsfigur... wenn Franzosen den fliegen, ist der mindestens eine 9,0 Wert, eigentlich eher ne 10, bei den anderen kann da schonmal auch nur eine 7,5 aufm Zettel stehn, wobei ich mich Frage was man da soviel falsch machen kann um die 2,5 Punkte Abzug zu rechtfertigen??? man muss aber auch sagen dass am Ende wieder die Besten auf dem Treppchen standen. An Oddon, Vanel, Brageot und Lallue führte zumindest 2023 in Europa kein Weg vorbei. Auch wenn ein Sonka oder ein Daniel Genevey garantiert nicht schlecht fliegen, aber die Spitze ist einfach eine eigene Liga.

Das Drama um die Wertung im Freestyle beschäftigt die CIVA sicher noch ein Weilchen und ich bin gespannt auf die Berichte der Offiziellen. Am Donnerstag (5 Tage nach Wettbewerbsende) hat die Jury verkündet, dass das Freestyle Aufgrund von zwei Protesten, mehreren "Berichten", fehlenden Daten und anderen nicht regelkonformen Geschehnissen nicht wertbar ist und demnach annulliert wird. Ob es sowas in der Geschichte der CIVA schonmal gegeben hat weiss ich nicht, aber es ist klar dass hier einiges aufzuarbeiten ist! Ich hoffe man lässt nicht einfach nur Gras über die Geschichte wachsen, sondern analysiert die Probleme und erarbeitet Lösungen! Auch wenn ich selbst nicht mit allen Entscheidungen der Jury einverstanden war, steht wohl zweifellos fest dass sie in Summe einen guten Job gemacht hat. Bei insgesamt 9 Protesten und einigen langwierigen und schwierigen Diskussionen  war es sicher nicht immer ein Zuckerschlecken Mitglied der Jury zu sein, ich wollte jedenfalls nicht tauschen.

"Was bleibt rückblickend auf die EM?" Es bleiben ganz viele gute Erinnerungen an einen richtig schönen Wettbewerb in einer schönen Atmosphäre. Erinnerungen an nette, hilfsbereite, freundliche Menschen. Ein begeistertes Publikum, das in der breiten Masse wohl auch nach zwei Wochen Dauerbeschallung noch nicht völlig gegen die Kunstflieger aufgebracht ist. Erinnerungen an eine anspruchsvolle aber landschaftlich äusserst reizvolle Box in einem Hochtal des Apenin, in dem Dichtehöhe auch Mitte September noch ein Thema war. Erinnerungen an anspruchsvollen Kunstflug der Horizonte erweitert und Blickwinkel geöffnet hat. Und was auch bleibt ist PCD (post contest depression), die Gemütslage die sich einstellt, wenn die Kunstflugsaison vorbei ist, der graue Alltag wieder das Sagen übernimmt und man sich wünscht dass es grade April oder Mai wäre, das Bank- und Urlaubskonto voll ist und man demnächst loslegen kann.

Wer bis hierhin mitgelesen hat darf sich jetzt noch die Danksagungen reinziehn 😉

Zuallererst gilt mein Dank natürlich Doris, die es mir Jahr für Jahr ermöglicht meinen Urlaub fürs Kunstfliegen zu ver(sch)wenden! Doris, Du bist die Beste😘

Desweiteren ein grosses Danke an Girgl und Andal, meine Haltergemeinschaftskollegen! Ohne Euch kein Flieger, bzw. nicht die Möglichkeit zu trainieren und an Wettbewerben teilzunehmen!

Meiner Familie, wo ich oft genug auf div. Familienfesten nicht zugegen bin, weil ich mich irgendwo auf einem Flugplatz herumtreibe und trainiere oder Wettkämpfe.

Heike und Heinrich. Ohne Euch hätten wir die den geilen Flieger nicht. Auch wenn es der KS (dem Vorgänger der HH) gegenüber unfair wäre wenn ich sage "nur mit der HH war das möglich", aber die HH ist in Summe eben doch ein kleines Stückchen besser als es die KS war (auch wenn die KS ein paar Sachen kann, die ne 330 SC nicht macht). 

Klaus, der die Grundlage für alles gelegt und Girgl und mich dahin gebracht hat, wo wir heute stehn! Alleine dafür bin ich unendlich dankbar!!!

Dennis, der ein super angenehmer und entspannter Teamkollege war und ist. Zumindest aus meiner Warte war Team Germany dieses Jahr zu jeder Zeit relaxed, friedlich, jeder hatte den nötigen Freiraum, aber auch Unterstützung wo nötig und ich fand es runderhum einfach nur prima und würde es genau so sofrot wieder tun, ohne wenn und aber!

Meinem Arbeitgeber, der es mir relativ uneingeschränkt ermöglicht, meinen Urlaub passend zu nehmen.

Meinem Heimatverein, dem LSV Weilheim-Peissenberg, der es uns ermöglicht die HH quasi "vor der Haustüre" zu stationieren, was die Logistik schon enorm vereinfacht.

Alle die ich vergessen bzw. nich tnamentlich genannt habe, alle die mich unterstützen, in Gedanken dabei sind, ein gutes Wort einlegen, Daumen drücken, mitfiebern, oder oder oder! Auch wenn wir im Cockpit ganz alleine sind, für guten Kunstflug sind ganz viele helfende Hände und Unterstützer notwendig und dafür ein herzliches Danke an alle!


Das war´s nun für 2023... Ich hoffe ich konnte ein klein wenig von dem vermitteln, was so auf einem internationalen Wettbewerb passiert. Ich freue mich schon auf 2024, auch wenn jetzt erstmal die Winterpause kommt. Ich freue mich darauf, mit der HH weiter meinen Horizont zu erweitern, ich hab das Gefühl da geht noch ein bisschen was, auch wenn die biologische Uhr immer lauter tickt.

Vielen Dank für´s mitlesen, liebe Grüsse, bis bald und alles Gute!

Für die, die schonmal vorplanen wollen, ich hab Gerüchte gehört dass sich 2024 Polen mit Kakolewo / EPPG (zwischen Poznan und Zielona Gora) um die Ausrichtung bewerben will.

Und was die offiziellen Klamotten anbelangt, wären Dennis und ich jetzt auch soweit... die Sendung mit Jacke und Poloshirts kam pünktlich am 2. Wertungstag zuhause an 😉









1 Kommentar:

  1. Danke dir Maxu für den wie immer gewohnt kurzweiligen und informativen Blog! Ich hoffe diesen noch viele Jahre lesen zu können ;-) Und wer weiß, vielleicht fliegen wir ja doch noch irgendwann mal wieder ne DM gegeneinander ;-)

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